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Protest-Appell Ampel fordert von AfD Abzug des JA-Chefs Gnauck aus Verteidigungsausschuss

Der Verfassungsschutz hat die AfD-Nachwuchsorganisation JA als »gesichert rechtsextremistisch« eingestuft. Die Ampelfraktionen wollen nun Konsequenzen für den Vorsitzenden der Organisation.
Hannes Gnauck sitzt für die AfD im Verteidigungsausschuss des Bundestags

Hannes Gnauck sitzt für die AfD im Verteidigungsausschuss des Bundestags

Foto: Bodo Schackow / picture alliance / dpa

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Die Obleute der Ampelfraktionen fordern die AfD dringlich auf, den Chef der AfD-Nachwuchsorganisation »Junge Alternative« (JA) umgehend aus dem Verteidigungsausschuss des Bundestags abzuziehen und sich deutlich von Hannes Gnauck zu distanzieren.

»Nach der Entscheidung des Verfassungsschutzes, die ›Junge Alternative‹ für Deutschland als erwiesen verfassungsfeindlich einzustufen, muss dies Konsequenzen für ihre Repräsentanten in öffentlichen und politischen Funktionen haben«, forderten die Obleute von SPD, FDP und den Grünen in einer gemeinsamen Erklärung, die dem SPIEGEL vorliegt.

Für die Obleute Wolfang Hellmich (SPD), Alexander Müller (FDP) und Sara Nanni (Grüne) ist Gnauck als Ausschussmitglied spätestens seit der Neubewertung der JA durch den Verfassungsschutz untragbar.

»Was für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr gilt, die fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen müssen, muss auch für die Mitglieder des zuständigen Bundestagsausschusses gelten, die die Bundeswehr kontrollieren sollen«, so die Obleute. Dies sei bei Gnauck »nachweislich nicht der Fall«.

Folglich müsse die AfD ihn aus dem Ausschuss »abberufen und sich von Herrn Gnauck deutlich und klar distanzieren«.

Gnauck ist bereits seit seinem Einzug in den Ausschuss mehr als umstritten. Der Bundeswehrsoldat war bereits 2020 wegen eindeutiger Äußerungen vom Truppengeheimdienst MAD als Rechtsextremist eingestuft und mit einem Dienst- und Uniformtrageverbot belegt worden.

Einem formalen Disziplinarverfahren und der Entlassung aus der Truppe entging er, weil er als Bundestagsabgeordneter Immunität genießt. Er führt weiterhin den Rang eines Oberfeldwebels und war zuletzt bei der Neubrandenburger Panzergrenadierbrigade 41 eingesetzt.

Der Verfassungsschutz hatte die AfD-Nachwuchsorganisation am Donnerstag formal als »gesichert rechtsextremistisch« eingestuft, vorher galt sie nur als Beobachtungsobjekt.

»Die JA propagiert ein völkisches Gesellschaftskonzept, das auf biologistischen Grundannahmen beruht, ein ethnokulturell möglichst homogenes Staatsvolk postuliert«, teilte der Verfassungsschutz als Begründung für die Einstufung mit. Staatsangehörige mit Migrationshintergrund würden als Deutsche zweiter Klasse abgewertet. Ebendieses Volksverständnis stehe im Widerspruch zum Grundgesetz.

Die JA hatte Gnauck im Herbst 2022 zu ihrem Chef gewählt. Die Nachwuchsorganisation der AfD zitierte den neuen Bundesvorsitzenden mit den Worten »Wenn ihr Führung wollt, dann bin ich euer Mann!« Gnauck bezeichnete sich nach der Wahl als »schneidiger Unteroffizier« für die Führung der patriotischen Jugend Deutschlands. Im Verteidigungsausschuss indes gibt sich der suspendierte Bundeswehrsoldat eher unauffällig. Trotzdem werden er und die anderen AfD-Abgeordneten von den anderen Mitgliedern des Ausschusses misstrauisch beäugt.

Die AfD wies den Vorstoß der Ampel-Obleute zurück: »Die Forderung, Hannes Gnauck aus dem Verteidigungsausschuss abzuberufen, ist eine Unverschämtheit«, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer Bernd Baumann dem SPIEGEL. Aus Sicht der AfD bestehe an der Eignung Gnaucks »kein Zweifel«. Die Einstufung der JA bezeichnete Baumann für die AfD als irrelevant, da der Geheimdienst ihrer Meinung nach ohnehin parteipolitisch instrumentalisiert sei.

Die JA ist die kleinste der Nachwuchsorganisationen der im Bundestag vertretenen Parteien. Nach Angaben der AfD hat die JA aktuell 2100 Mitglieder, die allerdings je nach Bundesland sehr unterschiedlich aktiv sind. In den vergangenen Jahren hat sie ihr Profil noch mal deutlich aktivistischer ausgerichtet, trat oft bei Demonstrationen etwa gegen Coronamaßnahmen oder gegen Flüchtlingsunterkünfte auf. Die JA organisierte sich straffer: Mit Hannes Gnauck gibt es den ersten alleinigen Vorsitzenden, zuvor gab es immer eine Doppelspitze. Zudem traten ihre Funktionäre noch radikaler auf als zuvor schon, forderten etwa, alle Flüchtlinge abzuschieben.